Kleiner Löwe und Großer Drache

Schülerakademie erkundet Verbindungen Bayerns zu China

Im Schuljahr 2014/15 erkunden 23 Schülerinnen und Schüler des Apian-Gymnasiums und zehn Schülerinnen und Schüler des Reuchlin-Gymnasiums im Rahmen der Schülerakademie Oberbayern West in vielfältigen Stationen wichtige Verbindungen zwischen Bayern und China. Das Thema „China und Bayern. Verbindende Aspekte zu Wirtschaft, Kultur und Kunst“ bietet zahlreiche Beispiele der Begegnung und Zusammenarbeit von Bayern und Chinesen in Geschichte und Gegenwart.

Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014
Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014

Zur Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014 begrüßte Herr OStD Haak die Schulleiterin des Reuchlin-Gymnasiums, Frau OStDin Philipp-Rasch nebst dem Projektbetreuer StD Rössert. Herr Haak, der Schulleiter des Apian-Gymnasiums Ingolstadt, sprach dem Projekt und der Kooperation der beiden Gymnasien gute Wünsche zum Start und Gelingen aus. Auch dankte er für das Engagement des Chinaforums Bayern e. V., dessen Referenten Herrn Johannes Link die Projektleiterin Frau OStRin Kürzinger für die Veranstaltung eingeladen hatte.

Herr Link bei seinem Vortrag


Die „Annäherung an China“ begann mit einem Vortrag von Herrn Link, der zuerst die Arbeit des Chinaforums Bayern e. V. beschrieb. Der seit 2003 bestehende Verein mit Sitz in München veranstaltet regelmäßig Workshops und Vorträge zu Themen rund um China. Er selbst habe an der Universität Würzburg Sinologie studiert.

Da der Studiengang den meisten Schülerinnen und Schüler nicht bekannt war, gab er einen Überblick über die Inhalte, das Erlernen der Sprache und Schriftzeichen an der Universität und berufliche Chancen, die ein Abschluss des Sinologiestudiums bringt. Er erwähnte die Möglichkeit der „Regionalstudien“ an der Universität Köln, die China-Studien mit dem Betriebswirtschafts- oder Volkswirtschaftsstudium und mit Jura verbinden. Zahlreiche deutsche Universitäten und Hochschulen bieten Sprachkurse an, deren Abschluss das „Sinicum“ bilden kann. Das Erlernen der chinesischen Sprache erfordert Fleiß und Präzision, was die Anwendung betrifft, die Grammatik ist aber viel einfacher als im Deutschen.

Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014
Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014

Zur Landeskunde und Soziologie zeigte Herr Link eine Landkarte, an der er die Klimazonen, die Bevölkerungsverteilung, die Sprachgruppen und die Entwicklung der modernen Megastädte darlegte. Sätze wie „Jeder fünfte. Mensch auf der Welt ist Chinese“ oder „94 % der Menschen leben auf nur 40 % der Landesfläche in China“ beeindruckten die Schüler. Neben der Hauptbevölkerungsgruppe der Han-Chinesen (91 %) leben nationale Minderheiten (9 %) wie zum Beispiel die Uiguren, Mandschuren und Tibeter in China. Im östlichen Teil Chinas sind 90 % der Bevölkerung angesiedelt. In China finden sich vier staatlich anerkannte Religionen, nämlich der Buddhismus, der Daoismus, der Islam und das Christentum. Markant, so Herr Link, seien heute die Gegensätze in Stadt und Land: Neben Hochgeschwindigkeitszügen, welche die Landesteile verbinden, fahren viele Chinesen mit dem Rad und benützen es als Transportmittel auch großer Lasten. Moderne Wohnungen – er zeigte die Skyline von Shanghai – bestehen neben den vielfältigen traditionellen Wohnformen, wie sie vor allem die seit Jahrtausenden bestehende bäuerlich geprägte Kultur der ländlichen Bevölkerung hervorgebracht hat.

Als traditionelles Fest stellte Herr Link das chinesische Mondfest vor, das zu Mittherbst alljährlich am 8. September begangen wird. Es ist üblich, zu jedem Fest eigene, dem Brauch entsprechende Speisen zu reichen. Deshalb genießen die Chinesinnen und Chinesen beim Mondfest die sehr süßen, mit gesalzenem Enteneigelb gefüllten Mondkuchen. Wie dieses Fest, so orientieren sich auch die anderen traditionellen und modernen Feste am Mondkalender. Das Frühlingsfest wird in allen Familien mehrere Tage hindurch gefeiert. An den Feiertagen veranstaltet man Feuerwerke und große Festessen und unternimmt Reisen. Ganz China ist zur Zeit des Frühlingsfestes in Bewegung.
Am Laternenfest werden in den Häusern Lampions aufgehängt; das Drachenbootfest geht auf die Legende der Rettung eines Dichters vor einem Drachen zurück. Als gesetzliche Feiertage nannte Herr Link den 1. Januar, den 1. Mai und den 1. Oktober. Im Jahre 1949 wurde an diesem Tag durch Mao Tse Dong die Volksrepublik China ausgerufen.

Beim nachfolgenden Gespräch fragten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche Bedeutung der chinesischen Familie in der heutigen chinesischen Gesellschaft zukomme. Der hohe Stellenwert der Familie ist im Konfuzianismus begründet. Er gibt der Familie bis heute wichtige Lebensregeln wie die Achtung vor der Autorität der Eltern, die Verpflichtung der Jungen, für die Alten zu sorgen, den Einsatz und großen Fleiß, um den Lebensunterhalt für die Familie aufzubringen. Die von der chinesischen Regierung in den 1980er Jahren eingeführte Ein-Kind-Politik werde, so Herr Link, zunehmend gelockert; es gebe mittlerweile zahlreiche Ausnahmeregelungen. Ferner wollten einige Schüler erfahren, welche Bedingungen Studenten heute beim Studieren vorfinden. Ähnlich wie in Deutschland sind auch in China die Preise für Wohnraum in den Universitätsstädten erheblich höher, als auf dem Land. Daher leben viele chinesische Studenten in Wohnungen, die zum Campus gehören. Die Mieten seien dort günstig. Leistungsstarke Studenten erhalten häufig Stipendien.

Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014
Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Annäherung an China“ am 06. Oktober 2014

Im Anschluss an die Diskussion mit Herrn Link kamen Schülerinnen und Schüler der beiden Gymnasien zum Zug. Ihre Lehrer, Herr StD Rössert (Reuchlin Gymnasium) und Frau OStRin Kürzinger (Apian-Gymnasium) hatten ihnen im Vorfeld Arbeitsaufträge gegeben. Schülerinnen des Reuchlin- Gymnasiums erzählten über den Wahlunterricht Chinesisch, den sie am Reuchlin-Gymnasium seit einem Jahr besuchen. Dort lernen sie die Sprache in Wort und Schrift. An jedem Freitag -Nachmittag findet am Reuchlin – Gymnasium der Wahlkurs Chinesisch auf freiwilliger Basis statt. Besonders wichtig, so eine Schülerin, sei die Betonung der Wörter im Chinesischen. Am Beispiel der Silbe „ma“ zeigte sie auf, wie ein und dieselbe Silbe bei jeweils anderer Betonung einen neuen Sinn erhält. Natürlich erfahren die Schülerinnen und Schüler dort auch viel über das Alltagsleben in China.

Als Beitrag des Apian-Gymnasiums stellten zwei Schülerinnen kreative Plakate vor, die sie entworfen und angefertigt hatten. Sie zeigten u. a. das Größenverhältnis Chinas im Vergleich zu Bayern, das sich als selbstbewusste „Ameise“ auf der Hand eines großen chinesischen Jungen stehend lebhaft mit diesem unterhält. Ein anderes Plakat griff eine Statistik des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie von 2012 auf: danach beläuft sich die Einwohnerzahl Chinas auf 1,35 Mrd. gegenüber Bayern mit 12,5 Millionen. Das Bruttoinlandsprodukt der beiden Länder im Vergleich sei 2012 5478,4 Mrd. Euro in China, und 465,5 Mrd. Euro in Bayern. Ganz anders jedoch fällt das BIP je Einwohner aus: es betrug 4764 Euro pro Einwohner in China und 36865 Euro pro Einwohner in Bayern. Diesen Unterschied drückte ein weiteres Plakat aus: Der kleine Bayerische Löwe trinkt aus der aus einem großen Maßkrug, während dem große China-Drachen nur einen Fingerhut voll Wasser zur Verfügung steht.

Oktoberfest Shanghai

Zum Abschluss zeigte Frau Kürzinger ein Foto vom Oktoberfest in Shanghai inklusive Bierzelt und Blasmusik. Das Oktoberfest, so wusste Herr Link zu berichten, findet bereits in zehn chinesischen Städten statt. Viele Chinesen kennen und mögen das mit Bayern verbundene Fest - jedoch, wie bekannt ist der Kleine Löwe, abgesehen vom Oktoberfest (und Bayern München) im Lande des Großen Drachen? Wie bekannt sind die Bayerische Kultur, das Brauchtum, wichtige Persönlichkeiten, das Bildungssystem, die Landschaften oder Bayerns Künstler in China?
Mit diesen vielfältigen Eindrücken und Fragen sowie dem Entschluss, das Verhältnis Bayerns zu China noch näher zu erkunden und neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten zu entdecken, bedankte sich die Gruppe bei Herrn Link und freut sich auf das nächste Treffen am 18.11. im Stadtmuseum Ingolstadt zu Beziehungen zwischen Ingolstadt und China in vergangenen Jahrhunderten.


Manuela Kürzinger

Projektleiter
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