Diskussionsvortrag mit Herrn Wolfgang Kiehl
Nicht selten beginnt für einen jungen Menschen der Weg in eine spätere Sucht unbemerkt und schleichend. Er geht über viele Jahre und endet oft auch tragisch für die Betroffenen und deren Familien und Freunde. Legale Suchtmittel wie Alkohol und Zigaretten stellen häufig den Einstieg in eine „drogenbasierte Lebensgeschichte“ dar. Worin besteht die Gefahr, von Stoffen wie Alkohol, Kokain, Crystal Meth, Heroin etc. abhängig zu werden? Wie kann man einen Weg aus der Abhängigkeit finden? Welchen Einfluss haben dabei Familie und Freunde? Solche und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt des Vortrags von Herrn Wolfgang Kiehl, der lange selbst drogenabhängig gewesen ist.
Nun drängt sich vielleicht die Vermutung auf, dass er diese Erfahrungen aus seinem Leben verdrängen und sich möglichst wenig damit konfrontieren möchte. Umso wichtiger ist es, dass Herr Kiehl seine persönlichen Erlebnisse anderen jungen Menschen mit dem Ziel mitteilen möchte, diese vor einem ähnlichen leidvollen Lebensweg zu bewahren. Und dies gelingt ihm, wie die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler zeigen, immer wieder sehr gut.
Die Ausführungen sind gespickt mit coolen, provokanten und drastischen Formulierungen, weshalb Herr Kiehl nicht nur die Jugendlichen zum aufmerksamen Zuhören bringt, sondern auch bei uns Lehrern bisweilen tiefe Betroffenheit hervorruft.
Als ehemals schwer Suchtkranker diskutiert Wolfgang Kiehl, der aus Alfeld bei Hannover anreist, nun schon bereits zum sechsten Mal in Folge im Rahmen der Suchtprävention über die Themen Drogensucht und Gefährdungen, Suchtabhängigkeit und Wege aus der Sucht mit Schülerinnen und Schülern des Apian-Gymnasiums. In seinem unverwechselbaren lässigen Sprachstil erreicht er die Jugendlichen mit seiner zentralen Botschaft „Sag JA zu dir und NEIN zu Drogen“ in ganz besonderer Weise. Dies wird von den anwesenden Schülern im Anschluss an den Vortrag immer wieder bestätigt und ist für uns Lehrer eine wichtige Rückmeldung zur Präventionsmaßnahme.
Zu Beginn der dreistündigen Veranstaltung begrüßt dankenswerterweise und ein letztes Mal unser Schulleiter, Herr OStD Karl-Heinz Haak, der gestern in den Ruhestand verabschiedet wurde, den Referenten und stellt die Bedeutung des Themas für die Schulgemeinschaft heraus. Vor über 100 Schülerinnen und Schülern sowie einigen Lehrern legt Herr Kiehl ausführlich dar, ohne problematische Aspekte seiner Lebensgeschichte zu verschweigen oder zu beschönigen, welche Faktoren in seiner Kindheit, im Elternhaus, in Schule und Ausbildung, im Freundeskreis etc. dazu beigetragen haben, dass er in seiner Jugend diesen „Absturz“ erlebte. Gerade die Bedeutung des Alkohols als Einstiegsdroge wird von ihm an vielen Stellen seines Vortrags immer wieder betont.
Trotz witziger Kommentare war den Zuhörern zu jeder Zeit die Brisanz des Themas klar. Viele Ereignisse können das Leben eines jungen Menschen, egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht er stammt, in ein solch bitteres Schicksal führen. Diese Entwicklung endet für die Betroffenen nicht selten mit dem Tod, was zahlreiche Beispiele belegen. Auch wenn er selbst, wie er betont, noch einmal großes Glück hatte und einen Weg aus der Abhängigkeit gefunden hat, ist es für die meisten Suchtkranken nach einem erfolgreichen Entzug sehr schwer, ein relativ normales und geordnetes Leben bzw. Familienleben zu führen. Ganz frei von Sucht (Tabak) wird er, wie er selbst zugibt, wohl nie sein können.
Die Präventionsveranstaltung mit Herrn Kiehl wurde diesmal von einem Fernsehteam von SAT.1 teilweise aufgezeichnet. Ausschnitte der Veranstaltung werden Ende September 2018 in der Sendung Faktencheck zu sehen sein. Dabei geht es um die aktuelle Drogenpolitik in Deutschland und um Fragen in Bezug auf die Legalisierung von Cannabis. Die Meinungen und Ansichten von Jugendlichen zu diesen Themen sollen in der Sendung nicht zu kurz kommen.
Mein besonderer Dank gilt allen Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern, die die Aufnahme unterstützt haben.
Wir bedanken uns erneut bei Herrn Kiehl für seine offenen und ehrlichen Worte, seine authentische Vortragsweise und den Einblick in seine persönliche Lebensgeschichte. Auch wünschen wir uns natürlich, dass somit vielen Jugendlichen ein ähnliches Schicksal erspart bleibt. Leider wachsen sie in einer Gesellschaft heran, in der die Gefährlichkeit von legalen Drogen wie Alkohol und Zigaretten und manchen illegalen Drogen, die immer als Einstieg in den Drogenkonsum benannt werden, klar unterschätzt wird und in der legale wie illegale Suchtmittel gerade auch für Minderjährige leider viel zu leicht zu beschaffen sind.
Sabine Koulo, StRin
Dorothea Ziegler, OStRin