Theatermann trifft auf Schulwirklichkeit

Peter Rein spricht mit SchülerInnen der K 12 über die Ingolstädter Inszenierung von Georg Büchners Drama "Dantons Tod":
"Wie gehen Sie als Intendant des Ingolstädter Theaters mit der Beobachtung um, dass in der Pause viele Besucher die Aufführung verlassen, die Sie inszeniert haben"?

Offene und direkte Kommunikation war angesagt, kenntnisreich und neugierig auf Schülerseite, offen, ehrlich, persönlich und dazu noch sehr professionell von Seiten des Besuchers aus der Theaterwelt. Von dort auch Komplimente, denn immerhin hatte einer der beiden Deutsch-Grundkurse das schwierige und sehr anspruchsvolle Stück Büchners über die Französische Revolution auch gelesen und im Unterricht besprochen. Darauf folgte dann der Besuch der sehr ambitionierten, aktualisierenden, vielleicht auch polarisierenden Aufführung am Sonntagabend im Ingolstädter Theater, einigen Tage vor dem Gespräch mit Peter Rein.

Anerkennung also für die Leistung der SchülerInnen, die vor diesem Hintergrund auch präzise Fragen zu stellen in der Lage waren. So gelang ein Einblick in die Theaterwelt, in die sehr konkrete Arbeit an kreativen Prozessen, die Schauspieler und Regisseur leisten, wenn sie eine Aufführung erarbeiten. Die Schauspieler sind mit Lust und mit ihren eigenen Ideen dabei, so dass die Aufführung am Ende das Ergebnis eines gemeinsamen Arbeitsprozesses darstellt.

Aber auch der Auftrag des Theaters in unserer Gesellschaft war ein wichtiges Thema des Gesprächs, denn ein Stück wie der "Brandner Kasper" trifft eher den Geschmack des breiten Publikums. Schon seit Schiller und Brecht wissen wir, dass das Theater jedoch auch auf den Menschen und die Gesellschaft wirken, ja sie verändern wollen und wohl auch sollen. Wie also steht der Zuschauer am Ende der Aufführung von "Dantons Tod" da, wenn er Büchners Resümee zu den Ereignissen der Französischen Revolution auf der Bühne miterlebt hat, jenen "grässlichen Fatalismus der Geschichte", der das Handeln des Einzelnen als determiniert, ja festgelegt sieht: "Die Revolution frisst ihre Kinder", Danton genau so wie seine Frau Julie oder Camille und Lucille.
Wo bleibt der Glaube, dass wir mit unserem Tun doch auch Einfluss haben auf die Ereignisse? Theater steht selbstverständlich zwischen den Ansprüchen von "Unterhaltung" und "Bildung", aber der Auftrag, auch kritische und zeitgenössische Kunst auf der Bühne zu zeigen, bleibt nach dem deutlichen Bekenntnis von Peter Rein unverzichtbar.

"Inszenieren Sie ein Stück ‚von Büchner‘ oder ‚nach Büchner‘", so wurde der Intendant auch gefragt, angesichts des umfangreichen Zusatzmaterials an Texten, die der Zuschauer der Ingolstädter Aufführung verarbeiten muss. "Auch Büchner hat in ‚Dantons Tod‘ mit der Montagetechnik gearbeitet ", so die Antwort von Peter Rein. Und das habe dazu ermuntert, "analoge Szenen" in das Stück einzufügen, um den Zuschauer zur kritischen Reflexion der aktuellen gesellschaftlichen Zustände zu bewegen.

Theater ist im Unterschied zum Film eine Live-Veranstaltung, jede Aufführung daher gleichsam ein Unikat, besonders wenn mit Matthias Winde aus dem Ingolstädter Ensemble jetzt der ursprüngliche Robespierre- Darsteller auf der Bühne zu erleben ist. Dies hatten unsere Schüler den Besuchern der Premiere von "Dantons Tod" voraus, und dazu noch das interessante Gespräch mit Peter Rein. Der erhöhte Einsatz für die Beschäftigung mit Büchner hat sich also gelohnt.


Andreas Betz, StD

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