Exkursion zur Justizvollzugsanstalt Ingolstadt
Unsere ersten Eindrücke in der JVA Ingolstadt
Als wir uns am Donnerstag in den Bus setzten, waren wir ganz schön nervös: Unser Ziel war nämlich die Justizvollzugsanstalt, kurz JVA in Ingolstadt. Vor dem kleinen Gebäude angekommen, waren wir überrascht von dem sehr unscheinbaren Anblick, denn unser Bild von einem Gefängnis war natürlich eher düster. Nachdem wir uns über eine Sprechanlage angekündigt hatten, wurden wir hereingelassen: Und wir standen in einem süßen kleinen Hof. Das war wirklich ein Unterschied zu unseren Vorstellungen! Dann stiegen wir eine kleine Treppe hinauf und waren mitten im Hauptgebäude, wo wir von Herrn Probst, dem Dienststellenleiter der JVA, in Empfang genommen wurden, der uns in ein kleines Zimmer mit einem Tisch und vielen Stühlen führte. Als wir es uns bequem gemacht hatten, fing Herr Probst an, uns über die wichtigsten Dinge der JVA aufzuklären.
Offener und geschlossener Vollzug
Die JVA Ingolstadt ist ein reines Freigängerhaus, das bedeutet, dass alle Insassen sich dort im offenen Vollzug befinden und sie bis zum voraussichtlichen Strafende nur noch maximal 9 Monate zu verbüßen haben. Der Unterschied zwischen offenem und geschlossenem Vollzug ist auch, dass sich bei ersterem die Insassen nur während der Ruhezeit auf ihren Hafträumen aufhalten und während des Tages einer Beschäftigung außerhalb der JVA nachgehen, sie beim geschlossenen Vollzug jedoch in der Regel die komplette Zeit in der JVA sein müssen. Der Schwerpunkt beim geschlossenen Vollzug liegt daher auch mehr auf Sicherheit, beim offenen Vollzug mehr auf die Wiedereingliederung bzw. Entlassungsvorbereitung der Insassen für ihr Leben nach der Haft, das ihnen kurz bevorsteht.
Tagesablauf eines Häftlings
Der normale Tagesablauf eines Gefangenen der JVA unterscheidet sich nicht einmal sehr von dem eines normalen Bürgers draußen. Wie uns Herr Probst erklärte, werden die Häftlinge um ca. 6 Uhr geweckt, ziehen sich entweder ihre Zivilkleidung oder Anstaltskleidung an und verlassen die JVA um ca. 7 Uhr, um sich zu ihrer Arbeitsstelle zu begeben. Dorthin gelangen sie, je nach Entfernung, per Bus, Bahn, Rad oder zu Fuß. Die Anstaltsleitung fungiert dabei fast wie eine Zeitarbeitsfirma, die den Gefangenen eine Arbeitsstelle vermittelt. Das Mittagessen nehmen die Strafgefangenen an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz zu sich. Am Abend kehren sie dann etwa ab 17 Uhr wieder in die Anstalt zurück. Bei allen Häftlingen wird bei jeder Rückkehr ein Alkoholtest durch einen Mitarbeiter der Anstalt durchgeführt, dafür hat jeder Gefangene sein eigenes Blasröhrchen für den Alkomaten. Da striktes Alkoholverbot gilt, muss der Wert 0,0 Promille sein. Insgesamt arbeiten bei der Justizvollzugsanstalt 10 Beamte sowie eine Beschäftigte. welche in der Anstaltsküche tätig ist und jeden Tag ab 17.00 Uhr an die Gefangenen warmes Essen ausgibt. Zu jeder Tageszeit ist mindestens ein Bediensteter vor Ort. Allerdings müssen auch einige Häftlinge bei der Hausarbeit helfen, so gibt es zum Beispiel einen Koch, der bei der Zubereitung des Essens hilft, sowie zwei Gefangene, die für die Hausreinigung und die Wäsche zuständig sind.
Arbeit und Finanzen eines Insassen
Der Verdienst der Gefangenen richtet sich nach dem Tagessatz bzw. der Lohnstufe, in die sie eingeteilt sind. Diese reichen von 1,12 € bis 1,87 € pro Stunde und werden am Monatsende abgerechnet und auf ihr Konto gutgeschrieben. 3/7 davon stehen als sogenanntes Hausgeld für Genussmittel etc. zur freien Verfügung. Die restlichen 4/7 werden als sogenanntes Überbrückungsgeld dem Konto gutgeschrieben. Damit sollen die ersten vier Wochen nach der Entlassung überbrückt bzw. die aufkommenden Kosten für Miete, Essen etc. gedeckt werden. Der Gefangene hat bis zur Entlassung keinen Zugriff auf dieses Geld. Der Soll-Wert nach der Entlassung beträgt beim normalen Gefangenen derzeit 1.791,- Euro, was jedoch aufgrund der kurzen Haftzeit fast niemand erreicht. Urlaub bekommen die Insassen auch: zweimal im Monat ein Wochenende von Freitag nach Arbeitsende bis zum Sonntagnachmittag. Vorher hat der Häftling jedoch einen Ausgang zu absolvieren. Dieser ist die Voraussetzung für den Urlaub und findet in der Regel in Begleitung eines Angehörigen statt. Somit soll in erster Linie erprobt werden, ob die Häftlinge auch alle Weisungen und Regeln befolgen. In der JVA Ingolstadt können die Insassen keinen Besuch empfangen. Dafür haben sie jedoch 8 Stunden Ausgang im Monat, der die sozialen Bindungen festigen soll. Wird festgestellt, dass sie bei der Rückkehr von der Arbeit, Ausgang oder Urlaub eventuell Alkohol oder Drogen im Blut haben, werden sie bestraft bzw. diszipliniert. In der Regel bekommen sie eine Einkaufssperre und müssen eventuell auch nach einem Disziplinarverfahren zurück in den geschlossenen Vollzug.
Interessantes zu bayerischen Gefängnissen und zur JVA Ingolstadt
Natürlich wird im Gefängnis auch viel Wert auf Korrektheit und Genauigkeit gelegt. Sei es bei den Kontrollen der Insassen, wenn sie von ihren Beschäftigungsstellen kommen, oder bei der Rückkehr von den nicht gerade knapp bemessenen Ausgängen und Urlauben. Vielleicht hat uns Herr Probst gerade deshalb auch viele Zahlen, Daten und Fakten mit auf den Weg gegeben. Ein paar wichtigste findet ihr hier:
Aber natürlich wurde uns auch zu der JVA in Ingolstadt allerhand erzählt:
Unsere Besichtigung der JVA
Nach unserer Führung gab es viele interessante Sachen zu erleben. So durften wir einige Zellen von Innen sehen aber auch die Räume für die Freizeit der Gefangenen besichtigen, wie den Fitnessraum oder den Aufenthaltsraum der Gefangenen. Die Einrichtung in den Hafträumen ist insgesamt recht spartanisch und bietet den Häftlingen nur das Notwendige. Herr Probst bestätigte unseren Eindruck, denn es handelt sich schließlich immer noch um ein Gefängnis: Die Insassen sollen auch nicht den Wunsch haben, hier länger als notwendig zu bleiben oder sogar wieder zurückzukommen!
Vielen Dank, Herr Probst, für die nette Aufnahme und diesen sehr interessanten Tag!